[ Navigation beginnen ]>>Navigation überspringen[ Navigation beenden ]
Wählen Sie bitte eine Kategorie aus
Helfer:innen der Berliner Hilfsorganisationen gehen auf Kameramann zu.

ASB-Projekt „A Blind Story“ verbindet Ehrenamt und Inklusion

In dem neuen ASB-Projekt „A Blind Story“ geht es darum, Ehrenamt und Inklusion miteinander zu verbinden. Im Fokus steht dabei die 35-Jährige Pia, die das Projekt mit ins Leben gerufen hat. Pia ist seit ihrer Geburt fast vollständig erblindet. Das Projekt ist sogar für den bundesweiten Förderpreis "Helfende Hand" nominiert. Noch bis 5. Dezember kann online abgestimmt werden.

Pia, seit wann bist Du beim ASB Berlin?
Beim ASB bin ich schon seit insgesamt fünf Jahren - und zwar über die AG Maske. Hier war ich bislang hauptsächlich als Verletztendarstellerin für Krankenhausübungen und Notarztkurse im Einsatz. Auch bei der großen Bundesübung in Worms war ich mit dabei.
Bei den Krankenhausübungen geht es mir vor allem darum, für den Umgang mit Menschen mit Handicap zu sensibilisieren. Ich wünsche mir, dass man den Umgang mit blinden Menschen als nichts Ungewöhnliches empfindet.

Was machst Du sonst, wenn Du dich nicht für den ASB engagierst?
Ich arbeite im Medizinischen Bereich, genauer gesagt in der Brustkrebsvorsorge. Bei der sogenannten taktilen Brustkrebsvorsorge werden blinde Menschen medizinisch ausgebildet, die weibliche Brust auf Veränderungen zu untersuchen. Ich mache das seit 13 Jahren. Und in meiner Freizeit wandere und lese ich gerne.

Kommst Du ursprünglich aus Berlin?
Ich bin vor 7 Jahren nach Berlin gezogen. Geboren bin ich in Mecklenburg an der Ostsee, und habe dann einige Jahre in Hamburg gelebt.  

Wie gehst Du im Alltag mit deiner Erblindung um?
Natürlich stößt man im Alltag auf mehr Barrieren als ohne Erblindung. Bei fremden Wegen brauche ich zum Beispiel Unterstützung. Prinzipiell brauche ich auch länger, um mich zurecht zu finden. Wenn ich mit vielen Menschen zu tun habe, dauert es etwas, bis ich diese zuordnen kann. Und bei Menschen, die ich nicht so oft sehe, dauert es länger, mich zu erinnern, das heißt bis ich Stimme und Körperstatur zuordnen kann. Ein kleines bisschen – circa 5 % - kann ich sehen. Auch die Schritte eines Menschen helfen bei der Zuordnung. In der U-Bahn habe ich mir angewöhnt, die Maske für einen kurzen Moment abzunehmen und mal zu „schnuppern“, weil ich immer das Talent habe, mich irgendwo hinzusetzten, wo etwas Ekliges liegt, z.B. eine umgekippte Bierflasche, und wo aus gutem Grund niemand anderes sitzt.

Wie kam es zu dem Projekt „A Blind Story“?
Es ist einfach passiert. Boris Michalowski (Anm.: Fachdienstleiter Katastrophenschutz aus dem ASB Berlin) kam eines Tages mit der Idee auf mich zu und fragte: wollen wir das nicht machen? So entstand die Idee, der fast vollständig blinden Pia das Schminken beizubringen. Das klappt natürlich nur bei kleinen Verletzungen, z.B. Hämatomen oder Schnittwunden. So kann ich bei den Einsätzen auch beim Schminken unterstützen, denn uns fehlen in der AG Maske auch Ehrenamtliche. Ich brauche dazu allerdings meine eigenen Hilfsmittel, z.B. eigenes Licht und eine große Lupe. Auch ein eigener Schminkkoffer, den nur ich benutze und der gesondert ausgestattet ist, wäre klasse. Der muss allerdings noch angeschafft werden. Das Preisgeld, das wir eventuell aus unserer Bewerbung für die helfende Hand erhalten, könnten wir toll dafür nutzen.

Was ist das Ziel des Projektes?
Noch steckt „A Blind Story“ natürlich in den Kinderschuhen. Ich persönlich könnte mir langfristig vorstellen, dass Menschen mit Behinderung in die Ausbildung oder in der Qualitätssicherung von Notärzten, Krankenhauspersonal, Sanitäter mit eingebunden werden. Der ASB könnte nach und nach einen Pool an ehrenamtlichen Menschen mit Behinderung aufbauen und zum Beispiel für Fragen/ Antworten oder für praktische Übungen, etwa mit Schwarzbinden, mit einbinden. Ich nehme oft wahr, dass viele sich im Umgang mit beinträchtigen Menschen sehr schwer tun.
Oder man bietet noch mehr erste Hilfe Kurse speziell für blinde Menschen an und streut diese noch stärker in die Breite.

Das Medieninteresse an dir ist gerade ziemlich hoch? Wie erklärst Du dir das?
Ich bin selbst etwas überrascht davon. Natürlich ist aber Inklusion einfach ein wichtiges Thema. Und oft ergibt sich aus einer Anfrage wieder die nächste. Zum Beispiel habe ich in dem BBK Imagefilm mitgewirkt. Nach dem Dreh gab es eine erneute Anfrage, ob ich Lust habe, für ein Portrait zur Verfügung zu stehen. Dann kam noch die B.Z. vor zwei Wochen auf mich zu.

Was motiviert dich, dich ehrenamtlich zu engagieren?
Dass ich dabei aktiv etwas tun kann, obwohl ich ein Handicap habe. Ich möchte nicht das klassische Bild vermitteln nach dem Motto ‚ich brauche Hilfe, weil ich blind bin‘. Ich finde, dass blinde Menschen im Alltag viel mehr wahrgenommen werden müssten. Und es motiviert mich, weil ich in der AG Maske tolle Freunde gefunden habe, die ich nicht mehr missen möchte.

Was gefällt dir am ASB Berlin?
Der ASB ist in meinen Augen sehr bodenständig. Es fühlt sich hier für mich an wie eine große Familie, da man schnell aufgenommen und auch wahrgenommen wird in seiner Individualität. Ich finde es auch sehr angenehm, dass es hier keinen Konkurrenzkampf gibt, zumindest ist mir das noch nicht begegnet.

Was wünschst Du dir bezüglich des Umgangs mit blinden Menschen?
Einfach nicht die Behinderung in den Vordergrund zu stellen, sondern den Menschen - mit all seinen Sorgen und Freuden. Ich bin Pia, der Mensch nicht die Behinderte.

Herzlichen Dank für das Gespräch und alles Gute für den weiteren Ausbau des Projektes.

Pia im Einsatz für die AG Maske.

Foto: ASB Berlin/ Thomas Krugeler