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Helfer:innen der Berliner Hilfsorganisationen gehen auf Kameramann zu.

Vorbereitung auf den Ernstfall: Bundesfreiwillige begleitet Großübung

Reportage über meine Erfahrungen in der AG Maske

Überall vor Schmerz schreiende Verletzte, ich sehe die blutigen, offenen Wunden der Menschen und ich frage mich, was ist hier passiert?
Doch an diesem Tag gibt es glücklicherweise keine Katastrophe, denn diese wird lediglich durch die AG Maske, das Team für realistische Notfalldarstellung des Arbeiter-Samariter-Bundes, inszeniert. Auf dem Campus des Virchow-Klinikums der Charité Berlin, probt sie in der Großübung Apollon den Ernstfall. Unterstützt wird sie dabei von der Johanniter-Unfall-Hilfe, dem Berliner Jugendrotkreuz und dem Deutschen Roten Kreuz. Meine Rolle als Bundesfreiwillige besteht darin, die Vorbereitungen auf die Übung fotografisch zu begleiten und anschließend selbst als Pressedarstellerin aktiv zu werden.
 

Großübung Apollon
Das Übungszenario bezieht sich auf einen Giftgasbombenanschlag in einem Kino. Alle Besucher*innen werden verletzt und es gibt sogar Tote. Das Besondere an dieser Übung ist, dass es sich um eine „schmutzige“ Bombe handelt, d.h. dass sie hochradioaktives Material beinhaltet und dementsprechend eine Dekontaminierung der Patient*innen notwendig ist. In Berlin gibt es dafür ausgewählte Krankenhäuser, die bei einer solchen Katastrophe zum Einsatz kommen, da sie über ausreichende Kapazitäten, sowie Ressourcen verfügen, um auf einen derartigen Notfall reagieren zu können. Apollon ist Teil einer dreitägigen Großübung zu einem potenziellen Terroranschlag mit einem biologischen Kampfstoff, an der auch das Bundeskriminalamt, die Bundespolizei, die Feuerwehr, das Robert Koch-Institut, die Charité, der Senat und der öffentliche Gesundheitsdienst beteiligt sind. Notfallübungen dienen zur Vorbereitung auf eine reale Katastrophe und werden im Vorhinein nicht angekündigt, sodass das Krankenhaus bis Übungsbeginn komplett ahnungslos ist.  
 

Jede Menge Kunstblut
Damit diese spezielle Übung reibungslos ablaufen kann, treffen sich die 50 freiwilligen Darsteller*innen bereits vier Stunden vor Übungsbeginn beim ASB–Katastrophenschutz in der Seestraße, Berlin-Wedding. Vorort melden sich die Freiwilligen an und machen einen Corona-Test, damit die Sicherheit im Krankenhaus für alle wirklichen Patienten und Patientinnen, sowie für alle Ärzte und Ärztinnen bestehen bleibt. Um 16.00 Uhr ist Schminkbeginn. Die Freiwilligen werden mit Verletzungen in verschiedenen Schweregraden geschminkt, welche zum Feststellen der Behandlungspriorität, der sogenannten Triage, dienen. Diese Einteilung soll anschließend durch die Ärzte und Ärztinnen im Krankenhaus durchgeführt werden. Die Vielfalt an Verletzungen und die Qualität beeindrucken mich. So gibt es variierende Schussverletzungen, wie den Streifschuss und den Durchschuss, ebenso zahlreiche Brandverletzungen, aber auch innere Blutungen und Traumata werden einbezogen. Bei manchen Wunden frage ich mich, ob diese wirklich unecht sind, da sie zum Verwechseln real wirken.

 

Realistische Notfalldarstellung
An diesem Tag meldeten sich mehr Freiwillige als erwartet, daher gibt es neben den Verletztendarstellerinnen und Verletztendarstellern, auch darstellende Angehörige und Pressevertreter*innen, die dem Krankenhaus die Möglichkeit bieten sollen, eine Pressekonferenz und die Betreuung von Angehörigen Darstellenden, sicherzustellen.

Jeder Darsteller, bekommt eine Rollenkarte mit Informationen zum physischen und psychischen Zustand. Zudem steht detailliert beschrieben, wie man sich in seiner Rolle verhalten soll. Diesbezüglich versuchen die Freiwilligen richtig zu schauspielern, indem sie weinen, schreien, nichts sagen, aufdringlich - oder ganz ruhig sind.
Ein besonderes Beispiel stellt die Rolle einer Freiwilligen dar, welche die Mutter eines verstorbenen Kindes spielt. Hierbei müssen die Ärzte nicht nur medizinische-, sondern auch seelische Hilfe leisten. Dies zeigt einmal mehr, dass alle möglichen Fälle einkalkuliert werden, damit die Übung so realitätsnah wie möglich abläuft.
Um 18.00 Uhr ist es soweit, dass alle Freiwilligen fertig geschminkt sind, nun kann die Erste Hilfe Versorgung von den Samariterinnen und Samaritern nachgeahmt werden. Dazu werden Verbände, Pflaster, Zugänge oder Infusionsbeutel ausgehändigt bzw. angebracht.
Daraufhin hält der Fachdienstleister Boris Michalowski eine Rede zur Einweisung der verschiedenen Aufgaben, zudem klärt er aufkommende Fragen und informiert alle Anwesenden über den zeitlichen Ablauf.
 

Übungsstart im Virchow Klinikum
Um 19.00 Uhr sind alle Freiwilligen bereit für den Start der Übung und erste Verletztendarsteller*innen werden mit ASB-, DRK- und Johanniter -Fahrzeugen zur Notaufnahme gefahren. Kurz darauf löst das Klinikum den Katastrophenalarm aus und die Übung nimmt ihren Lauf.
Ich werde mit weiteren Pressedarsteller*innen zum Virchow Klinikum gefahren. Unsere Aufgabe ist es, die Ärztinnen und Ärzte mit Fragen über den Vorfall zu löchern, für die perfekte Pressestory zu dem Anschlag. Dabei erhalte ich spannende Einblicke in das Krankenhausgeschehen, die ich sonst nicht bekommen würde. Ich begutachte den großen Campus, wobei ich immer wieder neues Personal entdecke, welches zuhause angefunkt wurde und nun die Gebäude betritt. Ich laufe in die stille Eingangshalle, unterdessen höre ich vereinzelte Schritte von Ärzten und Ärztinnen, welche in die Notaufnahme laufen. Von dem ganzen Trubel ist allerdings nichts zu hören.
 

Ein erfolgreicher Tag geht zu Ende
Um 20.30 Uhr wird die Übung offiziell beendet und alle Ärztinnen und Ärzte, Beobachter*innen, Freiwillige sowie weiteres Personal versammeln sich kurz darauf in der Eingangshalle. Alle Anwesenden sind sichtlich erleichtert und werden mit einem großen Applaus gelobt. Zu diesem Zeitpunkt ist auch Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach vor Ort im Virchow Klinikum.
Dieser Tag hat mir gezeigt, welche entscheidende Rolle Notfallvorsorgeübungen im Bevölkerungsschutz spielen. Die Krankenhausleitung bzw. das Personal kann durch die Einschätzung misslungene Aspekte ausbessern und bei einem Ernstfall besser reagieren. Der Tag hat mir auch gezeigt, wie wichtig die Freiwilligenarbeit für uns alle ist, denn die Umsetzung der Übung könnte ohne die zahlreichen Freiwilligen nicht vonstattengehen.
Zurückblickend behalte ich den Abend als eine sehr interessante Erfahrung im Kopf und bin dankbar, solche Übungen als Bundesfreiwillige begleiten zu können.

Alexia Drews