Wenn Träume zur Realität werden: Vanessa wird zur Hebamme für einen Tag
Eigentlich wollte Vanessa Schirm (21) neben ihrem Pharmazie-Studium nur teilzeitlich im Rettungsdienst des ASB Berlin arbeiten, doch dann kam alles ganz anders. Die Nebentätigkeit im Rettungsdienst erfüllte Vanessa so sehr, dass sie bereits nach kurzer Zeit ihr Studium abbrach. Doch als wäre das nicht schon genug Umschwung für eine junge Studentin, traf sie die nächste große Entscheidung, eine berufsbegleitende Ausbildung zur Notfallsanitäterin zu absolvieren, obwohl sie erst seit einem Jahr im Rettungsdienst aktiv ist. Stürmisch geht es bei der frisch gebackenen Rettungssanitäterin weiter, denn nun ist sie auch Fachleiterin verschiedener Stützpunkte des ASB Berlin. Doch woher kommt dieser rasante Umschwung? Wieso bricht man ein Studium für eine Ausbildung ab und was hat Vanessa erlebt, um so sehr für den Beruf zu brennen?
Das entscheidende Erlebnis ereignete sich an einem regnerischen Donnerstagnachmittag im April. Vanessa hat mit einem neuen Arbeitskollegen zusammen Schicht, erst zwei Fahrten sind beide zusammengefahren. Plötzlich kommt das Stichwort „Wehen haben eingesetzt“. Es ist wie in einem Film: Der Regen strömt, die schreiende Frau liegt auf der Rückbank in einem alten VW Passat, welcher fast auseinanderfällt und auf einem Supermarktparkplatz steht. Vanessa erinnert sich: „Beim Eintreffen mit dem Rettungswagen erwarten uns bereits die panischen und hektischen Angehörigen, aber das war nur der erste Eindruck. Auf einmal höre ich, wie mein Kollege ganz erschrocken `Oh Gott` sagt. Ich bin noch im Parkprozess, als mein Kollege schlagartig die Tür öffnet und aus dem Wagen springt. Ich bin noch ein wenig erschrocken, springe aber umgehend nach dem Anhalten instinktiv von meinem Sitz und eile zu dem Passat. Sofort verschaffe ich mir freie Sicht auf die verschwitzte, junge Frau und sehe, wie sie breitbeinig auf dem Rücksitz hockt. Daraufhin meint mein Kollege, dass das Kind bereits auf dem Weg ist und wir keine Zeit haben, die werdende Mutter in das Krankenhaus zu fahren. Zuerst müssen wir die aufgewühlten Angehörigen abhalten, am ohnehin unübersichtlichen Einsatzort, quer durch die Gegend zu laufen, damit uns die Arbeit nicht erschwert wird.“
Nachdem sie zum RTW zurückgeeilt war, um ein Notfalleinsatzfahrzeug zu ordern und zahlreiche Decken für die werdende Mutter zu holen, erreicht sie den PKW gerade noch rechtzeitig: „Plötzlich sehe ich den Kopf des Babys rausgucken. Die Autogeburt verläuft viel zu schnell um hinterher zu kommen, dennoch kann mein Kollege das Kind sicher rausholen und ich versuche, die aufgewühlte Mutter zu beruhigen. Daraufhin bereiten wir alle notwendigen Utensilien vor, sodass der Vater die Nabelschnur noch durchschneiden kann. In diesem Moment sehe ich die Erschöpfung, aber zugleich die Freude in den Augen der Eltern, was mich unglaublich glücklich macht und regelrecht verzaubert hat. Die Aufregung hat sich langsam gelegt - mein Kollege geht mit der jungen Mutter und ich mit dem kleinen Jungen in den RTW, um einen Rundumcheck vorzunehmen. Aber das war noch nicht das Ende, denn das Komplizierte an einer Geburt ist häufig die riskante Nachgeburt. Sollte diese jetzt schon passieren, droht eine Verblutung, da wir nicht dieselben Möglichkeiten, wie die Ärzte und Ärztinnen im Krankenhaus haben. Glücklicherweise geht es dem Kind und der Mutter gut, sodass wir die kleine Familie, nach Absprache mit dem eingetroffenen Notarzt, in die Geburtenstation fahren können.“
Es ist ein Glück, dass die schnelle Geburt so perfekt abgelaufen ist und dass das Kind ohne Komplikationen auf die Welt kommen konnte. Vanessa ist sichtlich glücklich, der Familie geholfen und eine so filmreife Geburt miterlebt zu haben. Genau aus diesem Grund hat Vanessa ihre Berufswahl geändert und kann nun von ihrem „Traumberuf“ sprechen. Bereits mit 21 Jahren eine Geburt - das sogenannte Berufshighlight - miterlebt zu haben ist ein wahres Wunder für Vanessa, was sie an den Job fesselt. Das wahre Phänomen ist jedoch, dass bereits während des Studiums Vanessas Traum lautete, Hebamme zu werden. Nun hat sie den Beruf gefunden, für den sie brennt und konnte bei einer Geburt assistieren, was ihren beruflichen Umschwung abrundet.
Alexia Drews